Entrare nell’opera. Prozesse und Aktionen in der Arte Povera

Das Kunstmuseum Liechtenstein beleuchtete in einer umfangreichen Ausstellung bislang wenig erforschte Aspekte der Arte Povera. Neben legendären Kunstwerken der Hauptvertreter dieser Bewegung sind kaum bekannte fotografische und filmische Dokumente zu sehen. Sie rücken die prozessualen, performativen und theatralen Handlungen und Aktionen der Jahre 1959 bis 1979 in den Fokus. Und lassen erkennen: Die Arte Povera ist ohne Azioni Povere nicht zu denken.

Dynamische Veränderungen ergriffen in den 1960er- und 1970er-Jahren die Gesellschaft wie auch die Kunst. In Italien war die Verflechtung zwischen Kunst, Lebenskultur und revolutionärreformatorischen Bestrebungen besonders eng. Mit der Bewegung der Arte Povera bildeten sich künstlerische Vorgehensweisen heraus, die den Alltag und das Leben poetisierten, den Sinn für die Zeitlichkeit schärften und daher vergängliche Aktion und materialisiertes Werk miteinander zu verbinden suchten.

In den Aktionen der Arte Povera-Künstler durchwirken sich prozessuale, performative und theatrale Elemente in vielgestaltiger Weise. Lebende Tiere wie Pferde oder ein weisser Pfau tauchen in Ausstellungssituationen auf und werden in erzählerische Abläufe eingebettet. Still sitzt ein Reiter mit der Maske des Apolls in einer Galerie hoch zu Ross; ein Mann auf Rollschuhen fährt rasant durch die Galerieräume, beobachtet von einem Albino-Hund; ein Schauspieler rezitiert in einem verspiegelten Kubus Texte Flauberts; riesige Trompeten werden für die Gerechtigkeit geblasen; grosse Sonnenschirme rotieren in kosmischer Konstellation. Strassen und Wälder, Palazzi und Garagen werden zu Schauplätzen, ebenso wie die Lüfte, die mit einer Cessna 175 erkundet werden.

Die Ausstellung Entrare nell’opera [Eintreten ins Werk] führt die Vielfalt der Werk- und Erkenntnisprozesse vor Augen und lässt die Besucherinnen und Besucher am lebendigen Aktionsfeld teilhaben. Sie speist sich aus einer intensiven Forschung zur Arte Povera, die in der Sammlung des Kunstmuseum Liechtenstein einen wichtigen Schwerpunkt bildet.

Die in enger Zusammenarbeit mit den Künstlern oder deren Nachlässen konzipierte Ausstellung ist eine Produktion des Kunstmuseum Liechtenstein in Kooperation mit MAMC+ / Musée d’art moderne et contemporain in Saint-Étienne, Frankreich, wo sie ab 30. November 2020 zu sehen sein wird. Die Ausstellung wird kuratiert von Christiane Meyer-Stoll mit Nike Bätzner, Maddalena Disch und Valentina Pero. Begleitend wird eine Publikation erscheinen, welche die Aktionen der Arte Povera erstmals umfassend darstellt.

Künstlerinnen und Künstler der Ausstellung
Giovanni Anselmo (*1934), Alighiero e Boetti (1940–1994), Pier Paolo Calzolari (*1943), Luciano Fabro (1936–2007), Jannis Kounellis (1936–2020), Eliseo Mattiacci (*1940), Mario Merz (1925–2003), Marisa Merz (*1926), Giulio Paolini (*1940), Pino Pascali (1935–1968), Giuseppe Penone (*1947), Michelangelo Pistoletto (*1933), Emilio Prini (1943–2020) und Gilberto Zorio (*1944).

Kunstmuseum Liechtenstein
mit Hilti Art Foundation
Städtle 32
9490 Vaduz, Liechtenstein

www.kunstmuseum.li

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