Die Posen sind athletisch. Die Wäsche fair und umweltbewusst.
Das ist alles Bio. Du stehst doch auch auf natürliche Dinge, oder?“ So wird in der aktuellen Tchibo-Werbung ein Mann am Frühstückstisch von seiner Freundin oder Frau begrüßt. Während sie spricht, schwenkt die Kamera auf ihre Brust und ihre Unterwäsche: „Rein ins gute Gefühl“. Doch um dorthin zu kommen, braucht es mehr als nur einen gedeckten Tisch. Auch wenn es seltsam anmutet: Wäsche braucht „Sportsgeist“, der sich beispielsweise hinter diesen prominenten Gesichtern zeigt:
Für die von der Hamburger Werbeagentur Jung von Matt entwickelte Werbekampagne „Me, Myself and Mey“ ließen sich 2010 zahlreiche Prominente, darunter Uschi Obermaier, Annett Louisan, Sarah Wiener, Esther Schweins, Jasmin Tabatabai oder Magdalena Neuner in Mey-Wäsche von der Star-Fotografin Gabriele Oestreich (GABO) ablichten. Der Autor Frank Schätzing nahm – nur mit Boxershorts bekleidet – sogar die Pose eines Athleten ein.
Dahinter steckt mehr als nur eine muskulöse Zurschaustellung. Denn die meisten der Testimonials sind für ihr Nachhaltigkeitsengagement bekannt und nicht nur unten durchtrainiert. Sie wissen:
Nachhaltigkeit ist auch Training fürs Leben, das mit dem Sport eng verbunden ist: Auch hier geht es um Emotionen, Leidenschaft und Mut, Entschlossenheit und Zielstrebigkeit, aber auch um das Wechselspiel von individuellen Fähigkeiten und der Geschlossenheit im Team.
Der Schwäbische Bummerang
Auch wenn dieser Zusammenhang der eigenen Interpretation geschuldet ist, so wird der Nachhaltigkeitsbezug zur Mey GmbH & Co. KG, einem weltweit tätigen Hersteller von Tag- und Nachtwäsche und Dessous mit Sitz in Albstadt in Baden-Württemberg, offenbar, wenn man sich in Erinnerung ruft, das hier zusammen mit den Fischerwerken der sogenannte „Schwäbischen Bumerang“ entwickelt wurde. Dieser Wäschebügel wird nach dem Verkauf der Wäsche wieder eingesammelt und wieder verwendet.
Nach Unternehmensangaben schaffte das ökologisch ausgerichtete Bügel-Kreislauf-System nach der Einführung 1997 Arbeitsplätze bei den Zollernalb-Werkstätten für Menschen mit Behinderung (ZAK gGmbH) und trägt einen Teil dazu bei, 80 Tonnen Abfall jährlich einzusparen. Auch mit der Linie Mey Bodywear möchte das Unternehmen zeigen, dass auch in Deutschland produzierte Unterwäsche unter Nachhaltigkeitsaspekten entstehen kann.
Gute Gewinner im sportlichen Wettbewerb
Zurück zum „sportlichen“ Ansatz, der Bewegung in die übliche Nachhaltigkeitsdebatte bringt: Mit dem Begriff „sportlich“ sind seit der griechischen Antike Eigenschaften wie „athletisch“ und „durchtrainiert“ verbunden. Auf der Website der Sport- und Freizeitmarke Kaipara Merino Sportswear (Kaipara kommt aus der Sprache der Maori und heißt „sportlicher Wettbewerb“!) findet sich ein wichtiger Zusatz, der zugleich nachhaltige Märkte und Unternehmen beschreibt: Das Eigenschaftswort „sportlich“ ist auch das Synonym für „anständig“, „aufrichtig“, „ehrlich“ und „fair“. Das Idiom „he’s a good sports“ umfasst diese vier Charaktermerkmale gleichermaßen und erzählt eine interessante Geschichte:
Als Frank Selter 2008 auf der Suche nach hochwertiger Funktionswäsche war, kam er erstmals in Kontakt mit Merinowolle. Zwei Jahre später traten er und seine Lebensgefährtin eine einjährige Weltreise an. In Neuseeland wurde die Kaipara-Idee geboren. Hier ist das Merinoschaf beheimatet, dessen Energiebilanz seiner Wolle deutlich positiver ist als die der Kunstfaser, die aus Erdöl hergestellt wird.
Das Naturprodukt Merinowolle
- ist für jedes Wetter und jede Klimazone optimal geeignet
- ist weicher als herkömmliche Wolle und hat eine natürliche Thermoregulation
- bindet unangenehme Gerüche und baut sie durch längeres Lüften wieder restlos ab
- ist pflegeleicht und sorgt für einen optimalen Feuchtigkeitstransport
- zeichnet sich durch hohe Isolationsfähigkeit aus
- ist nur schwer entflammbar und vollständig kompostierbar
- ist uneingeschränkt umweltfreundlich zu entsorgen
- zeichnet sich durch kratzfreien Tragekomfort aus.
Nachhaltigkeit in der gesamten Wertschöpfungskette
Zur obersten Maxime gehört für Frank Selter von Anfang an, allen Nachhaltigkeitsaspekten in der gesamten Wertschöpfungskette gerecht zu werden und der Vision eines „Global Fair Trade“ zu folgen.
Dazu gehört weiterhin, dass alle daran Beteiligten „die ethisch-moralische Verpflichtung haben, die natürlichen Ressourcen unseres Planeten zu schützen“. Das wird über die Neuseeländischen Öko-Zertifikate MAPP und ZQ-Merino dokumentiert (Zertifizierung der Merinowolle).
Ende 2011 wurde das Einzelunternehmen Kaipara Merino Sportswear gegründet. Die gesamte Produktion findet in Deutschland statt (Made in Germany). Bei der Wahl der Wollstoffe wird auf 100 % Merinowolle gesetzt und auf Beimischungen anderer Fasern verzichtet.
Der Versand erfolgt über gepolsterte Versandtaschen, die aus recyceltem Papier bestehen. Auch das Polstermaterial besteht aus staubfreiem Papier. Größere Lieferungen erfolgen über recycelte Kartonagen, die mit einem Papierklebeband (Naturkautschuk und ohne Casein) verschlossen werden. Sämtliche Artikel werden vorher mit recyceltem Seidenpapier eingewickelt. Die Ware wird klimafreundlich verschickt.
„Es ist schön zu sehen, dass es immer mehr Labels gibt, die sich gerade über Wäsche Gedanken machen, die direkt auf der Haut getragen wird. Nicht nur die Produkte sind dabei durch und durch nachhaltig, sondern auch die Unternehmen selbst übernehmen Verantwortung gegenüber der Gesellschaft. Das hat wahren Vorbildcharakter“, sagt die Nachhaltigkeitsexpertin Claudia Silber. Sie leitet beim Ökoversender memo AG die Unternehmenskommunikation.
Naturtextilien nach den höchsten ökologischen Richtlinien
Auch hier spielt das Thema Merinowolle bei Funktionswäsche eine wichtige Rolle. So wird das Label Engel Sports geführt, das Funktionswäsche aus Merinowolle und weiteren natürlichen Materialien anbietet. Seit mehr als dreißig Jahren fertigt Engel Naturtextilien nach den höchsten ökologischen Richtlinien: die Merinoschurwolle stammt aus kontrolliert biologischer Tierhaltung (kbT) sämtliche eingesetzte Farbstoffe sind schwermetallfrei die Metallteile sind nickelfrei die Bio-Qualität der Wäsche wird durch einen Einnäher auf einen Blick sichtbar die Produkte werden in Deutschland gefertigt.
Ein Tank-Top eignet sich beispielsweise als Sportbekleidung oder als Funktionsunterwäsche. Es besteht aus 70 % Merinowolle, 28 % Seide und 2 % Elasthan. Merinowolle mit Seide ist eine optimale Mischung für Funktionswäsche, da Seide die atmungsaktiven und wärmenden Eigenschaften der Wolle verstärkt und das Textil noch weicher macht.
Der Global Organic Textile Standard
Seide kann Schweiß natürlich nur bis zu einem gewissen Anteil aufnehmen. Irgendwann klebt auch sie am Körper – allerdings nicht auf so unangenehme Art und Weise, wie es Stretch-Synthetik-Unterhosen und -Hemden tun. Das Tank-Top und die Damen-Leggings für den Sport- und Outdoorbereich wurden gemäß dem Global Organic Textile Standard (GOTS) hergestellt. Der Global Organic Textile Standard (GOTS) erfasst die gesamte Wertschöpfungskette vom kontrolliert biologischen Anbau der Rohstoffe über Sozialstandards bis zur Textilausrüstung. Akkreditierte Zertifizierer überwachen die Einhaltung der strengen Kriterien.
Warum diese Beispiele? Sie stehen stellvertretend für all die Dinge, die wir uns „aneignen“. Durch ihre nachhaltigen Verflechtungen begreifen wir, dass ein gutes Gefühl auch ständiges Training braucht – und einen Anfang, der ganz unten beginnt.
Weitere Informationen zu Bio-Unterwäsche bei utopia.de
Autorin Dr. Alexandra Hildebrandt ist Nachhaltigkeitsexpertin und Wirtschaftspsychologin. Sie studierte Literaturwissenschaft, Psychologie und Buchwissenschaft. Anschließend war sie viele Jahre in oberen Führungspositionen der Wirtschaft tätig. Bis 2009 arbeitete sie als Leiterin Gesellschaftspolitik und Kommunikation bei der KarstadtQuelle AG (Arcandor). Beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) war sie von 2010 bis 2013 Mitglied der DFB-Kommission Nachhaltigkeit. Den Deutschen Industrie- und Handelskammertag unterstützte sie bei der Konzeption und Durchführung des Zertifikatslehrgangs „CSR-Manager (IHK)“. Alexandra Hildebrandt ist Sachbuchautorin, Hochschuldozentin, Herausgeberin und Mitinitiatorin der Initiative www.gesichter-der-nachhaltigkeit.de. Sie bloggt regelmäßig für die Huffington Post zu Nachhaltigkeitsthemen und ist Co-Publisherin der Zeitschrift „REVUE. Magazine for the Next Society”.
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